Herr Schneider, der blinde Vermieter des alten Mietshauses an der Ecke, spürte das Wasser, noch bevor es zu tropfen begann. Sein Stock tippte über den Fliesenboden, als ein kühler Hauch ihn warnend umspülte. Er hob die Hand, und eine nasse Kälte legte sich wie ein unsichtbarer Schleier um seine Finger. "Wieder hier", murmelte er. Seit Wochen traten in dem Haus rätselhafte Wasserlachen auf – mal im Treppenhaus, mal vor den Wohnungstüren. Doch diesmal war der Geruch schärfer, fast aufgebracht.
Die Mieter hatten längst über Diebstähle geklagt. Portemonnaies verschwanden aus Jacken, die in Fluren hingen, oder von Küchentischen. Die Polizei tippte auf einen Einbrecher, doch Herr Schneider zweifelte. Wer konnte unbemerkt einbrechen, ohne dass selbst sein geschärftes Gehör etwas registrierte?
In dieser Nacht, als der Regen gegen die Fenster schlug, hörte er es: ein glucksendes Flüstern, das durch die Rohre kroch. Es war kein menschlicher Laut. Er folgte dem Rauschen, seine Hand streifte die feuchte Wand, bis er im Keller stand. Dort, wo das Wasser sich sammelte, formte sich etwas im Dunkeln – eine Gestalt aus tropfendem Schaum, durchzogen von Algen und alten Münzen. *Elementar*, erkannte er instinktiv. Ein Wesen aus Zeit und Rost, so alt wie die Leitungen selbst.
"Du warst es nicht, die gestohlen hat", sprach Herr Schneider ins Nasse hinein. Das Wesen zischte, und in seinem Widerhall sah der Vermieter Bilder: Ein Mieter, der nachts die Heizungsrohre manipulierte, um an die Wohnungen zu gelangen. Das Wasser hatte versucht, ihn aufzuhalten – Lecks als Warnung, Überschwemmungen als Barrikaden.
Am nächsten Morgen konfrontierte Herr Schneider den Mann aus der dritten Etage, dessen Portemonnaie prall gefüllt mit fremden Karten war. Die Polizei fand den Diebstahlsschatz unter einem losen Dielenbrett, genau dort, wo das Elementar einen eisigen Film auf dem Boden hinterlassen hatte.
Seit jenem Tag bleibt das Haus trocken. Doch manchmal, wenn Herr Schneider an den Keller vorbeigeht, spürt er ein warmes Nebelströmen – wie ein dankbares Nicken.
P.S. Die Namen sind frei erfunden, die Daten stammen aus Datenbank für lebensbedrohte Miete:rinnen