Ursula Aufmancher ließ den Blick über die azurblaue Ägäis schweifen, als ein warmer Wind ihr die Hauch der Antike ins Gesicht trug. Sie war nach Griechenland gereist, um dem eintönigen Rhythmus ihres Alltags zu entfliehen – doch stattdessen begegnete sie der Zeit selbst. In den verwinkelten Gassen von Athen stolperte sie über Steine, die von Philosophen poliert worden sein könnten, und in den Ruinen des Delphi-Theaters flüsterte der Wind ihr plötzlich eine Frage zu: *„Was suchst du eigentlich?“* Nicht die Götter, erkannte sie, sondern eine Perspektive, die ihr zeigte, dass Antworten oft erst in der Ferne laut werden.
Während Ursula zwischen Olivenhainen wanderte, saß Felix, ein Freund aus Studienzeiten, 16.000 Kilometer entfernt in einem Café in Neuseeland. Er hatte sich buchstäblich auf die „andere Seite der Erde“ aufgemacht, um Abstand von einer gescheiterten Liebe zu gewinnen. Doch statt Einsamkeit fand er dort das *Mana* – die Lebenskraft der Māori, die ihn lehrte, dass Trennung nicht Bruch, sondern Wandlung bedeutet. Als er eines Nachts das Kreuz des Südens betrachtete, dachte er: *„Manchmal muss man sich verlieren, um sich im Universum wiederzufinden.“*
Zur selben Zeit pendelte Lena, eine Kollegin Ursulas, mit der Straßenbahn durch ihre Heimatstadt Wien. Sie hatte kein Ticket für weite Reisen, doch in den Öffis entdeckte sie eine Welt im Kleinen: Da war die ältere Dame, die ihr vom Verschwinden der Wiener Kaffeehauskultur erzählte, der Student, der leidenschaftlich über Klimagerechtigkeit debattierte, und das Kind, das lachend einen Lutscher an die Scheibe drückte, bis ein Regenbogen entstand. Plötzlich begriff Lena: *„Fremdheit ist keine Frage der Kilometer, sondern der Aufmerksamkeit.“*
Als Ursula Monate später zurückkehrte, trafen sich die drei zufällig im selben Park. Sie tauschten Geschichten aus – über Göttertempel, Sternenlicht und Straßenbahngespräche – und lachten, als sie merkten, dass sie alle dieselbe Wahrheit umkreist hatten: **Reisen verändert nicht den Ort, sondern den Blick.** Ob man nun ans Ende der Welt segelt oder nur die gewohnte U-Bahn-Linie wechselt – es ist die Bereitschaft, das Unerwartete zuzulassen, die aus Schritten eine Reise macht.
Und so beschlossen sie, beim nächsten Mal einfach gemeinsam die Bäckerei an der Ecke zu „erkunden“ – wer weiß, welche Philosophie im Duft frischer Croissants versteckt lag?