Straßenschilder noch nicht digitalisiert
Die FDP-Fraktion im Bundestag wollte wissen, wie weit die Digitalisierung der Straße vorangeschritten ist. Antwort der Bundesregierung: noch nicht besonders weit, aber das ist auch kein Problem.
Humor ist selten in Kleinen Anfragen im Bundestag. Doch die FDP-Fraktion leitet ihr Informationsbegehren zur digitalen Straße so ein: „Die Straßeninfrastruktur in Deutschland ist nach Ansicht der Fragesteller heute in großen Teilen noch auf demselben Stand wie zur Zeit der ersten elektrisch gesteuerten, dreifarbigen Ampel in Berlin im Jahr 1924.“ Seitdem habe sich allerdings „einiges getan“, was die technischen Möglichkeiten innovativer und vernetzter Verkehrssteuerung anbelange, lassen FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic und Kollegen die Bundesregierung gleich vorab wissen.
Die Antworten des zuständigen Verkehrsministeriums auf den umfangreichen Fragenkatalog der Liberalen sind – wie so oft bei diesen Anfragen – recht mager. Der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) schreibt auf fünf Seiten, die Tagesspiegel Background vorliegen, dass die in Deutschland eingesetzte Kombination aus konventionellen Schildern, Lichtsignalanlagen und Fahrbahnmarkierungen einen „sehr guten Standard“ darstelle und im Übrigen „nationalen und europäischen Anforderungen“ entspreche – das würde man bei amtlichen Schildern auch erwarten.
Europäische Standardisierung neuer Kommunikationstechniken
Um nicht zu altmodisch dazustehen, verweist Bilger auf die „Maschinenlesbarkeit“ der deutschen Schilder. Speziell bei Lichtsignalanlagen – vulgo: Ampeln – würden „zunehmend“ digitale verkehrsabhängige Steuerungen eingesetzt und weiterentwickelt.
Derzeit würden auch Projekte zur europäischen Standardisierung neuer Kommunikationstechniken wie Car-to-Infrastructure-Communication bei der Steuerung von Ampeln laufen. Hierzu gebe es „Pilotanwendungen im Rahmen von Testfeldern“.
Die klassischen, statischen Verkehrszeichen aus Metall haben nach Auffassung des Verkehrsministeriums gegenüber Wechselverkehrszeichen den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer reflektierenden Trägerfolien in der Dunkelheit sichtbar und günstiger in der Anschaffung sind, keine Stromversorgung brauchen und immer funktionieren.
Wechselverkehrszeichen und andere dynamische Anzeigen stünden dagegen sogar in „Auffälligkeitskonkurrenz zu konventioneller Beschilderung“. Da dies zu weniger Verkehrssicherheit führen könnte, habe die Regierung bisher „auf digitale Beschilderung weitestgehend verzichtet“.
Projektförderung in Höhe von 32 Millionen Euro
Die defensive Haltung des Verkehrsministeriums lässt den verkehrspolitischen Sprecher Luksic unbefriedigt zurück. Die Regierung habe „noch keine Ahnung, was durch digitalisierte Verkehrsinfrastruktur an Vorteilen möglich ist“, sagte der Freidemokrat Background. Das Verkehrsministerium habe keine Vorstellung darüber, ob die Straßenverkehrsordnung (StVO) für die digitalisierte Infrastruktur geändert werden muss. Minister Andreas Scheuer (CSU) will die StVO noch in diesem Jahr novellieren (Background berichtete). Dabei geht es aber nicht um die Digitalisierung, sondern um höhere Strafen und Fahrgemeinschaften auf Busspuren.
Die Bundesregierung setze sich große Ziele beim Thema Digitalisierung, so Luksic. „Aber auf der Straße landet, im wahrsten Sinne des Wortes, wenig.“ Trotz einer Projektförderung in Höhe von 32 Millionen Euro könne die Bundesregierung nicht sagen, welches Potenzial in digitalen Schildern, Ampeln und Markierungen für Verkehrssicherheit, Verkehrsfluss und die Umwelt liege. „Der selbstgesteckte Anspruch, Leitanbieter und -markt für digitale Straßen zu werden, lässt sich so nicht realisieren.“/ts
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