News, Kunst und Unterhaltung

8. Juli 2019

Geldmanager geben exklusive Aktien-Tipps



WELT: In der vergangenen Woche bekam der Dax endlich neuen Schwung. Was ist passiert?
Peter Ulrich Seemann: Wir befinden uns nach wie vor in einem langfristigen Aufwärtstrend. Dieser wurde in den vergangenen Wochen unterbrochen, weil die Investoren zunehmend besorgt waren. Auch ich habe Ende April einen Teil der Gewinne seit Jahresanfang mitgenommen und hielt dann über Wochen rund 30 Prozent Liquidität in den vor mir verwalteten Depots.

Vermögensverwalter Peter Ulrich Seemann
aus Schwäbisch Gmünd - Foto: privat

Ich dachte auch, dass wir noch eine stärkere Korrektur bekommen. Aber dann hielt Mario Draghi im portugiesischen Sintra eine Rede, in der er andeutete, dass die EZB ihre Geldpolitik wieder lockern werde. Anschließend ebneten US-Präsident Trump und sein chinesischer Kollege Xi beim G-20-Gipfel den Weg zu einer Lösung des Handelskonflikts. Und zuletzt folgte auch noch die Nominierung von Christine Lagarde zur neuen EZB-Chefin. Das ließ viele Sorgen vergessen, und mit den Kursen ging es wieder aufwärts.

WELT: Warum ist Lagardes Nominierung so positiv für die Aktienkurse?
Seemann: Dieser Aufwärtstrend wird ganz wesentlich von den Notenbanken getrieben. Und Lagarde gilt als eine Vertreterin einer lockeren Geldpolitik. Sie weiß, dass eine gewisse Stimulanz der Wirtschaft durch die Zentralbanken notwendig ist, und folglich wird die Niedrigzinsphase noch lange andauern. Das trieb den Dax in der vergangenen Woche über 12.600 Punkte. Und ich glaube, dass es noch ein gutes Stück weiter gehen kann. Am Jahresende könnten wir bei 14.000 Zählern stehen.

WELT: Auf welche Aktien sollte man dann jetzt setzen, um bei diesem Aufschwung dabei zu sein?
Seemann: Wer eher konservativ anlegen möchte, ohne allzu viel Risiko, für den ist die Münchner Rück sehr attraktiv. Das Unternehmen ist ein sehr verlässlicher Dividendenzahler, die Dividendenrendite liegt derzeit bei rund 4,5 Prozent. Die Aktie hat aber ebenfalls noch Potenzial nach oben. Denn die Münchner Rück ist der größte Rückversicherer der Welt und betreibt eine gute Risikopolitik. In der Vergangenheit hat das Unternehmen auch Phasen gut überstanden, als Konkurrenten ihr mit Dumpingpreisen Geschäft abnehmen wollten.

WELT: Der Konzern könnte aber leiden, wenn infolge des Klimawandels immer mehr Unwetter und Katastrophen eintreten.
Seemann: Ein Katastrophenjahr kann dem Unternehmen natürlich zu schaffen machen. Es hat aber Rücklagen genau für solche Fälle gebildet, sodass dies auch leicht überwunden werden kann.

WELT: Und welche Aktie wäre für jene interessant, die es etwas spekulativer wollen?
Seemann: Da kommt der norwegische Wasserstoffhersteller NEL in Frage. Der Kurs war vor einigen Wochen drastisch eingebrochen, nachdem ein Wasserstofftank des Unternehmens explodiert war. Inzwischen hat es jedoch glaubhaft dargelegt, dass die Ursache dafür nicht in der zentralen Technologie von NEL lag. Seither ist der Kurs schon wieder gestiegen, und ich denke, er hat noch weiteres Potenzial nach oben.

WELT: Wenn wir über den großen Teich blicken, was wäre ein guter Tipp für den US-Aktienmarkt?
Seemann: Dort sticht Walt Disney hervor. Jeder kennt das Unternehmen für seine Comicfilme. Doch der Konzern hat viel mehr Filme im Angebot, und jetzt will er in den Bereich Game und Streaming expandieren, also einerseits Computer- bzw. Handyspiele, andererseits das Angebot von Filmen im Internet. Angesichts der vielen Filme, die Walt Disney besitzt, ist das sehr lukrativ, da das Unternehmen dann doppelt an ihnen verdienen kann.

WELT: Im Streaming-Markt gibt es aber schon große Platzhirsche wie Netflix. Warum sollte da ein weiterer Platz finden?
Seemann: Walt Disney ist ein Gigant im Filmemarkt, allein durch die Größe hat er daher das Potenzial, diese Konkurrenz aufzumischen. Das ist so wie damals, als Volkswagen mit dem Touareg in den SUV-Markt einstieg, da glaubten auch erst viele nicht, dass das klappen könnte. Aber die schiere Marktmacht von Volkswagen führte auch den Touareg zum Erfolg.

WELT: Was sind derzeit die größten Risiken für Anleger?
Seemann: Wir befinden uns in der letzten Phase des Aufwärtstrends. Die 14.000 Punkte beim Dax, die ich vorher als Ziel genannt hatte, könnten daher das Ende der Fahnenstange sein, und dann könnte es auch mal wieder richtig heftig abwärts gehen. Daneben gibt es das Risiko, dass die Staaten das Geschenk der EZB, die niedrigen Zinsen, nicht dafür nutzen, ihre Hausaufgaben zu machen, wie beispielsweise Italien. Das könnte ihnen dann irgendwann in der Zukunft auf die Füße falleen.







Keine Kommentare: