Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch.
Doch was denken sie, wenn sie die folgende Geschichte lesen. Fehler im System? Systemische Schwäche? Bismarck würde sich im Grab umdrehen?
Lesenswert: Wie er so dasitzt, vor seinem Laptop, im Dachgeschoss-Zimmer seiner WG, ein Bett, ein Schrank, ein Buch, „Lexikon der Ausbildungsberufe“, sonst nichts, keine Pflanzen, kein Teppich, keine Bilder. Und mittendrin dieser Mann, der aussieht, als schreitet die Zeit gnadenlos voran und er kommt mit seinem Leben nicht hinterher.
Marius Lauber ist 33, wirkt aber mit seinen kurzen braunen Haaren und seiner hellen Haut viel jünger, der Pulli hängt an seinem Oberkörper wie an einem Drahtbügel, die Hose schlackert. Vor ihm auf dem Bild-schirm: eine Tabelle mit acht Kreuzen, jedes hat seinen Traum vom neuen Leben beerdigt. Ein Kreuz, eine Absage, von Arbeit-gebern, bei denen er sich 2018 und 2019 beworben hat, Deutsche Bahn, Post, Amazon. Er scrollt weiter, sucht seinen Lebenslauf, der Laptop brummt, er ist mit Panzer-tape zusammengeklebt.
„Du willst ja irgendwann mal ein normales Leben“, sagt er, seine Stimme bricht kurz, „zum Beispiel eine Freundin, Kinder, Urlaub. Aber
all das kann man sich nicht leisten.“
Wenn Lauber „man“ sagt, meint er sich selbst. Es fällt ihm schwer, anderen Menschen in die Augen zu schauen. Er spricht leise, ... wird er nur, wenn er sich ärgert. Und das passiert vor allem dann, wenn es um den Sozialstaat geht.
„Dieses System muss sich um 360 Grad ändern“, sagt Lauber. Dass sich dadurch für ihn nichts ändern würde – andere Geschichte.
Für den Sozialstaat ist Marius Lauber eine Kombination aus zehn Ziffern und Buchstaben. Einer von etwa 135.500 Menschen, die länger als fünf Jahre arbeitslos sind. Einer, der an einem System verzweifelt, das vor bald 100 Jahren etabliert wurde, das 408 Jobcenter und 156 Arbeitsagenturen umfasst und Menschen wie Lauber täglich mit Fragen konfrontiert: Wie viel Mühe lohnt sich, um jemandem Arbeit, also auch eine Art Erfüllung zu geben? Und wo endet die Zuständigkeit des Staates, aus jedem Bürger einen Arbeitnehmer zu machen?
Die Geschichte von Herrn Lauber ist noch nicht zu Ende. Sie können sie gern in der SZ zu Ende lesen - bei Interesse. Versprochen, es gibt ein Happy Ende. Es ist Ostern. Es ist keine Story des üblichen Terminjournalismus, Quatsch, hier hat sich ein Profi richtig Zeit genommen und das Leid eines Menschen niedergeschrieben. Mit sehr viel Mitgefühl und mitmenschliche Wärme für einen Menschen, der am System fast scheitern musste, weil das System nicht selbst regulierend systemische Fehler korrigiert.
Sie finden unseren Vergleich mit dem Auto zu Beginn der Geschichte falsch? Herrlich. Sie sind noch immer ein Mensch geblieben.
Gratulation. Sie brauchen nicht auf den Jakobsweg, um zum Menschsein zurück zu finden.
Schöne Ostern
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